YCR-Chronik zum 50-jährigen Bestehen im Jahre 2006
Die vergangenen 10 Jahre - die etwas andere Festschrift!
1956 finden die olympischen Winterspiele in Italien statt, die „Sommerspiele“ im November in Australien.
1956 werden Günther Jauch und David Copperfield geboren.
1956 wird in der BRD nach heftigen Diskussionen die „Allgemeine Wehrpflicht“ eingeführt
und 1956 gründen ein paar begeisterte Segler den „Yacht-Club-Rursee“ - den YCR!
Dass dies ein ganz besonderes Ereignis war wird allein dadurch bewiesen, dass der YCR seit vielen Jahren der größte Segelclub am Rursee ist.
Vor 10 Jahren schrieb unser Mitglied und damaliger 1. Vorsitzender Harald Uellendahl eine nahezu lückenlose Chronik zum 40-jährigen Bestehen des YCR. Dieser Superarbeit ist, mit Ausnahme klitzekleiner Details, nichts hinzuzufügen – daher soll sich die diesjährige Festschrift eigentlich auch nur mit den seitdem vergangenen 10 Jahren beschäftigen.
Eine dieser Ausnahmen ist die „Entstehungs-Geschichte“ unseres Clubstanders, die eine besondere Würdigung verdient:
Harald Uellendahl erwähnt in seiner Chronik, dass das Gründungsmitglied Arno Kersting der Schöpfer und somit der geistige Inhaber unseres schönen Clubstanders ist. Wer Arno Kersting kennt, der weiß auch, dass jede Farbe, jedes Zeichen und jede Linie ihre Begründung haben. Arno Kersting ist ein Pionier der Zunft der Industrie-Designer – ein für die damalige Zeit zukunftsweisender Beruf. Bei der Farbkombination „schwarz-weiß-rot“ schwelt in mir ein ganz leiser Verdacht. Doch ich habe mich gewaltig geirrt und radiere diese Gedanken schleunigst aus meinem Gedächtnis.
Neugierig bin ich geworden, und ich will es ganz genau wissen. Also rufe ich ihn einfach an, sage, was ich von ihm und wofür wissen will. Arno Kersting freut sich über mein Interesse und informiert mich bereitwillig. Seiner Schilderung und seinem Engagement kann ich leicht entnehmen, welch ein begeisterter und guter Segler Arno Kersting war:
Die Kombination der roten Grundfarbe mit weiß und schwarz habe einen ganz besonders hohen Aufmerksamkeitswert. Dies sei eminent wichtig bei unsichtigem Wetter, bei Nebel und wenn man einen fremden Hafen anläuft. Der schwarze Streifen auf weißem Grund symbolisiert den Wasserspiegel. Das obere weiße Dreieck stellt ein Segel dar, welches sich im unteren, ebenfalls weißen Dreieck, im Wasser spiegelt. Außerdem stehe die Länge des Vorlieks in einem festen, geometrischem Verhältnis zu den Dreiecksschenkeln.
Eine Grundregel der Heraldik besagt, je einfacher ein Wappen ist, umso schöner und wertvoller ist es auch. Diese These bestätigt in Vollendung unser Clubstander: Herzlichen Glückwunsch, Arno Kersting!
Doch jetzt zur jüngeren Geschichte, genauer gesagt: zu den letzten 10 Jahren:
1997 führt Harald Uellendahl als 1. Vorsitzender mit seiner Mannschaft die Geschicke des YCR. Niemand der Teilnehmer an der Jahreshauptversammlung 1996 wird sein Plädoyer für die Pizza der wieder einmal neuen Gastronomie vergessen! In seine Amtszeit fällt das „Naturereignis“, weil unser schöner Rursee zur Mondlandschaft mutiert. Schon im August 1995 wird soviel Wasser abgelassen, dass ein schönes Segeln gar nicht mehr möglich ist. Bereits im Frühjahr 1996 wird mit Reparaturarbeiten an der Sperrmauer in Schwammenauel begonnen. Hierzu wird schließlich soviel Wasser abgelassen, dass z. B. die so genannten „Dickschiffe – so nennt man am Rursee respektvoll alle Kajütboote, ungeachtet der Länge – in der Saison 1996 überhaupt nicht ins Wasser kommen. Harald Uellendahl setzt sich bei den zuständigen Behörden erfolgreich dafür ein, dass die für den Rursee vorgeschriebenen Plaketten für die Saison 1997 Gültigkeit behalten. Diese an jedem Boot sichtbar zu führenden Plaketten dokumentieren, dass Skipper oder Eigner des Wasserfahrzeugs brav seinen jährlichen Obolus an den Talsperrenverband abgeführt haben.
Durch diese nicht stattfindende Segelsaison verliert der YCR einige Dickschiffsegler. Diese wollen nicht auf´s Segeln verzichten und legen ihre Boote in holländische Marinas. Einige kommen 1997 wieder zurück, einige allerdings entscheiden sich gegen den Rursee und bleiben bei den Niederländern. So verliert z. B. der D-Steg einiges an „Feten-Potential“! Hierzu komme ich später noch!
Doch es gibt auch Leute, bzw. eine ganze Branche, die sich über den leeren See freuen! Es sind dies die Gastronomie und die „Rurseeschifffahrt“. Alle schreibenden und sendenden Medien berichten blumig über den leeren See als von einer „Mondlandschaft“. In der Tat sieht der „See“ auch so aus! Der Stausee gleicht einem Canon, auf dessen Grund sich eine etwas verbreiterte Rur dahinschlängelt. Das will natürlich jeder einmal sehen, und so strömen besonders die Wochenend-Touristen in Scharen an den See. Die tollsten Geschichten erscheinen in den Medien, die natürlich eine willkommene Chance nutzen, das (Ironie!) berüchtigte „Sommerloch“ zu füllen. Die Enttäuschung ist dann groß, wenn die angeblich versunkenen Dörfer mit ihren Kirchen nicht zu sehen sind. Lediglich einige Grundmauern sind erkennbar, die müssen dann eben reichen. Jedenfalls kehrt fast jeder ein, die Kenner besuchen das Cafe der Lennartz-Sisters in Woffelsbach und hoffen, von den älteren Damen Geschichtchen zu erhaschen. Die antworten bereitwillig, und somit ist der Erfolg des Ausflugs gesichert.
Der geringe Tiefgang der Ausflugsschiffe der „Rurseeschifffahrt“ erlaubt diesen, ihren normalen Fahrplan einzuhalten. Und die Fahrt mit der „Aachen“ oder der „Stella Maris“ ist wirklich ein Erlebnis. Die Schiffe gleiten vorbei an steilen Felsen und an Inseln, die gar keine mehr sind. Nur schwer ist es vorstellbar, dass dieser See ein wirklich schönes Segelrevier ist. Auf jeden Fall aber schreibt die „Rurseeschifffahrt“ für 1996 tiefschwarze Zahlen.
1998 dann übernimmt Werner Schumacher mit seinem Team den Vorsitz über den YCR. Seine sympathische Stentorstimme, die jeden Stadionsprecher zum Chorknaben degradiert, kennt bald jeder. Bei Clubveranstaltungen wird, zumindest für den Schumacher-Part, jedes Mikrophon überflüssig, Vor- und Nachredner haben´s nicht ganz leicht! Mit Werner Schumacher hält auch die EDV Einzug in den YCR. Auf Versammlungen hält uns der „Clubbesitzer“, wie er von vielen inzwischen liebevoll tituliert wird, in Form von graphischen Statistiken den „Spiegel vor´s Gesicht“. Mancher hat fast ein schlechtes Gewissen, wenn er aufgrund seiner bereits erzielten Lebensjahre die Statistik des Durchschnittsalters im YCR versaut! Aber Werner Schumacher macht einen prima Job! Er wäre noch heute 1V, wenn er sich 2004 ff wieder zur Wahl gestellt hätte.
Auf Werner Schumacher folgt dann 2004 Dieter Evenschor mit neuer Mannschaft. Grundsätzlich steht jedem zu, seinen eigenen Stil zu praktizieren. Doch Dieter Evenschors eigenwilliger Stil führt, gemäß dem berüchtigtem „Zerrüttungsprinzip“, im Juni 2006 zur einvernehmlichen Trennung.
Dieser Vorgang führt schließlich auch dazu, unsere Feierlichkeiten zum Jubiläum auf November zu verschieben. Unter der Regie des neuen, noch kommissarischen Vorsitzenden Uli Breuer wird kurzerhand eine Clubwettfahrt mit anschließendem Sommerfest veranstaltet. Selten zuvor war eine spontan angesetzte Veranstaltung so gut besucht. Der Verdacht besteht, dass das Sommerfest von denn meisten Teilnehmern als Trainingseinheit für die Jubiläumsfeier angenommen wird. Jedenfalls weht mit neuer, stark verjüngter Führungsriege ein frischer Wind, und ohne Wind kann man nun mal nicht segeln!
Die Mitgliederstruktur führt fast von selbst zu allen Aktivitäten, die der Segelsport bietet: Regattasegeln, Fahrtensegeln, segeln „just for fun“, Segelschein-Ausbildung und aktive Jugendarbeit. Sogar für das lobenswerte Projekt „Segeln für Behinderte“ engagiert sich der YCR im Rahmen seiner Möglichkeiten.
Nicht alle Leistungen können in dieser Schrift aufgezählt und gewürdigt werden. Einige aber sollten aufgeführt sein, um die Vielseitigkeit des YCR zu dokumentieren:
2003 wird Uli Breuer in der DIAS-Klasse mit seiner reizenden Frau und Vorschoterin Sabine „Deutscher Meister“. Dieser wertvolle Titel krönt die vielen schönen Regatta-Ergebnisse von Uli Breuer in mehreren Klassen und auf verschiedenen Revieren.
1998 umrundet Werner Jakobi mit seinem 7,8 m langen „Dickschiff“ nach ca. 2.600 nM die skandinavische Ostsee in gemütlichen 5 Monaten. Das Interesse an Ländern und Leuten steht im Vordergrund, nicht Streckenrekorde. Eben: Fahrtensegeln. Überwiegend war Einhandsegeln angesagt.
Der YCR verfügt über 4 Bootsstege mit insgesamt 140 Liegeplätzen, von denen derzeit leider nur 96 Plätze belegt sind. Hinzu kommen zahlreiche Landliegeplätze für kleinere Jollen bis runter zu den klassischen „Optimisten“ Wie alle Vereine, leiden auch wir unter einem, allerdings nicht fatalen Mitgliederschwund. Dies scheint ein Zeichen der Zeit zu sein und alle sind gefordert, an einer Verbesserung zu arbeiten.
Jeder der 4 Bootsstege hat so seine eigene Struktur und sogar ein gewisses, allerdings positives Eigenleben.
Am A-Steg liegen vorwiegend Segler, die schon sehr lange im Club sind. Die Bootstypen stellen einen guten Querschnitt dar. Moderne Kajütboote liegen neben Traditionsseglern (Drachen) sowie Regatta-Jollen.
Am B-Steg und am (modernen) C-Steg liegen neben einigen Kajütbooten vorwiegend Regatta-Boote. Hier liegt das sportliche Potential unseres Clubs, doch auch die Geselligkeit kommt nicht zu kurz. Alle unsere Regattasegler sind auf vielen Revieren gern gesehene Gäste.
Am D-Steg liegen ausschließlich „Dickschiffe“. Die Übernachtungen auf Segelyachten sind vom Talsperrenverband eigentlich nicht erwünscht, werden aber geduldet. Ist zu wenig Wind, sitzen die Crews auf der Kommunikations-Plattform am Steg-Kopf, quatschen und feten. – Ist zuviel Wind, machen sie dasselbe! Hier wird viel und oft gefeiert, früher angeheizt von der stegeigenen Band, heute nur noch von einem „Quetschebüggel“, schließlich muss überall gespart werden!
Unsere Club-Gastronomie hat in den vergangenen 10 Jahren einen recht turbulenten Verlauf genommen: Einem guten, persischem Gastronomen folgt eine deutsch/französische Kombination. Es versuchen sich dann noch 2 deutsche „Gastronomen“, die sich aber beide nicht recht auf die Segler einstellen wollen oder können.
Seit Juni dieses Jahres aber haben wir eine Gastronomie-Crew, die die Wünsche der Segler kennt und entsprechend darauf eingehen kann. Schließlich sind beide Segler: Michael Woiwode mit seiner Frau Simone. Michael führt in Personalunion auch unsere clubeigene Werft, und er macht mit seiner ihm eigenen Bärenruhe einen guten Job.
Im Clubhaus ist wieder was los, die Werft ist gut besetzt, alle hoffen, dass wir in beiden Bereichen nun dauerhaft gut versorgt sind!
Neben dem intakten Eigenleben liegen dem YCR auch die guten Kontakte zu anderen Clubs am See sehr am Herzen. So sind sowohl das An- als auch das Absegeln seit Jahren gemeinsame Veranstaltungen mit dem SSS aus Schwammenauel. Man tauscht sich aus und hat viel Spaß miteinander. Nicht ganz ernst zu nehmende Wettfahrten machen diese beiden Ereignisse für alle Teilnehmer zu schönen Tagen an und auf dem Rursee.
Anderen Vereinen im Bereich Woffelsbach, die kein eigenes Clubhaus haben, stellt der YCR für deren wichtige Versammlungen gern seine Räume zur Verfügung. – Praktizierte Nachbarschaftshilfe!
Nun möchten wir, zusammen mit Freunden und Gästen, unser 50jähriges Bestehen feiern. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass der Rursee eines der schönsten Binnenreviere für uns Segler ist. Hoffen wir, dass wir noch viele Jahre diese wunderschöne Natur genießen können.
Wir wollen mit allen Freunden dieses Ereignis feiern und gleichzeitig beweisen, dass wir wirklich feiern können. Geselligkeit und die Segelei werden im YCR von ganzem Herzen gepflegt, und wir wünschen uns – und haben uns fest vorgenommen, unseren YCR in diesem Sinne zu präsentieren und lebendig zu erhalten.
In diesem Sinne:
Mast- und Schotbruch